Speckschweine in der heutigen Zeit, wo Magerfleischzunahme und dünne Fettschichten gefragt sind? Warum soll das Wollschwein erhalten werden, wo es doch ganz quer zum heutigen Markt steht? Mit diesen Fragen wird sicher jeder Züchter des Wollschweins konfrontiert, vor allem natürlich wenn das Portemonnaie drückt und festgestellt werden muss, dass die Wollschweine tatsächlich keine mit dem Edelschwein vergleichbare Rendite abwerfen.
Wir leben in einer Zeit des kurzfristigen Profits. Niemand denkt daran, dass die Verbraucherwünsche und die Produktionsvoraussetzungen ändern können und dass dann vielseitige genetische Anlagen wichtig sind, um die entscheidenden Eigenschaften für die Ernährungssicherung noch verfügbar zu haben. Eigentlich müsste die heutige unsichere Lage in der Landwirtschaft genug Beweise für die sich wandelnden Anforderungen an die Nutztiere liefern. Der Wollschweinzüchter leistet also nicht nur einen Beitrag für die Allgemeinheit und für eine nachhaltige Landwirtschaft, sondern auch zur Generhaltung und Bewahrung der Artenvielfalt. Es ist aber verständlich, dass vor allem in schwierigen Situationen der Idealismus nicht genügend Motivation ist, die Wollschweinzucht aufrechtzuerhalten.
Wollschweine gehören zum Kulturgut. Nebst Baudenkmälern, alten Pflügen, Hellebarden und Briefmarken gehören auch die Wollscheine zu den kulturellen Errungenschaften unserer Kultur. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kulturgütern leben aber die Nutztiere, bedürfen einer täglichen Pflege und entwickeln sich im Laufe der Generationen ständig weiter. Doch Wollschweine sind Nutztiere und nicht nur dazu da, ihre Besitzer zu erfreuen. Wollschweine sind extensiv sowohl in den Leistungen als auch in den Ansprüchen. Selbstverständlich kann auch ein Wollschwein teure Getreidemischungen geniessen. Es kann aber ohne Einschränkungen knapp und mit einfachen Futtermitteln (Gras, Heu, Kastanien, Gartenabfälle, Ernterückstände, Äpfel, Kleie, Brot, ev. Kartoffeln) gehalten werden. Dies gilt für Stallungen, wo einfache Unterstände, die Schutz vor Zugluft und Nässe bieten, vollauf genügen. Die Tiere helfen somit mit, dass mit sehr wenig Investitionen produziert werden kann und dass sie auch bei schwierigen Bodenverhältnissen keine Gelenksschwierigkeiten haben.
Wollschweine sind Speckschweine. Der Fettansatz ist zwar heute nicht mehr sehr beliebt, hat aber durchaus seine Vorteile. Spanferkel sind bereits im jungen Alter saftig und das intramuskuläre Fett verhilft dem Fleisch zu einer ausgezeichneten Schmackhaftigkeit. Geschickte Vermarkter haben heute mit qualitativ guten Spezialprodukten (Spanferkel, Trockenfleisch oder ganze Keulen) sehr gute Marktchancen. Wichtig ist, dass der Rassenname immer ein Teil des Marketingkonzepts bleibt.
Wollschweine zu erhalten, ist nicht nur eine moralische Pflicht. Wollschweine gehören zur heutigen Kultur und zum heutigen vielfältigen Wirtschaftsleben als kleiner Teil der Landwirtschaft.